HAAR TRAD. T (TELECASTER KOPIE AUS HOLLAND)

Gutes muss nicht unbedingt ein Vermögen kosten – das habe ich an diesem Osterwochenende gelernt.

Aber fangen wir vorne an. Ich war auf der Suche nach einer neuen Gitarre. Das gestaltet sich bei mir immer als kompliziertes Unterfangen, da ich im Gitarrenbereich Ansprüche habe, über die andere, mir bekannte, Gitarristen den Kopf schütteln. So würde ich nur zur Not einen Korpus akzeptieren, der aus mehr als einem Stück gefertigt wurde. Jeder Gitarrenbauer wird bestätigen, dass es vollkommen irrelevant ist, aus wievielen Stücken ein Egitarrenkorpus gefertigt wird – sofern es gut gemacht wird.  Dennoch gibt mir ein einteiliger Body das Gefühl von etwas Besonderem, gerade auch weil man sie eher selten vorfindet.

Ich ließ mir also 3 Gitarren von meinem alten Kumpel Timo schicken, der mittlerweile bei Just Music in Berlin arbeitet:

  1. Fender American Original 60s Telecaster
  2. Maybach T61 Custom
  3. Haar Trad. T

Meine Hoffnungen lagen vor meiner Bestellung auf der Fender. Und hier fangen wir jetzt auch an.

Fender American Original 60s Telecaster

Optisch ist sie ein absolutes Highlight. Fotos werden der edlen Anmutung dieser Gitarre selten gerecht. Der Lack ist dermaßen eben aufgetragen, dass man es eigentlich nicht für möglich halten möchte. Absolut genial. Die restliche Verarbeitung steht diesem Eindruck in nichts nach. Die Potis drehen perfekt, ohne Spiel und absolut gleichmäßig.

Leider war Sie im Vergleich zu ihren beiden Mitbewerbern etwas zu schwer und auch beim Sound (das ist jetzt Jammern auf ganz hohem Niveau) ließ sie etwas an Substanz vermissen – siehe den Abschnitt „Dry Sound“ im Testvideo.

Größtes Ausschlusskriterium war für mich allerdings die Höhe der Bünde. Diese werden zwar als Narrow/Tall bezeichnet, sind aber so flach, dass überhängende Fingerkuppen beim Saitenziehen immer auf dem Griffbrett aufliegen und somit von diesem ausgebremst werden. Das macht das Spiel auf dieser Gitarre ziemlich ungemütlich.

Maybach T61 Custom

Die Maybach ist beim ersten Eindruck sehr gut verarbeitet, fasst sich sehr gut an, und schwingt beim Anschlag der Saiten ganz wunderbar. Hier sind die Bünde auch relativ flach, die Finger werden durch das weniger klebende Schlagbrett jedoch auch weniger gebremst. Hier schnarren mir allerdings, trotz Erhöhung der Lage, die Saiten deutlich zu viel. Leider müsste man, um den Halsstab zu justieren, entweder den Halspickup oder sogar den Hals selbst komplett demontieren um mit dem mitgelieferten Inbus an die Einstellschraube zu gelangen. Vielleicht hat man mir auch einfach das falsche Werkzeug mitgeliefert. Einem Leihinstrument wollte ich eine derartige Operation jedenfalls nicht zumuten.

Haar Trad. T

Oder: Liebe auf den ersten Griff. Hier war beim ersten Anschlagen klar, dass ich es mit einer anderen Liga zu tun habe. Für mich passt hier einfach alles. Trocken angespielt hat sie einen wunderbar vollen, definierten Ton, dessen Schwingung auch genauso definiert in den eigenen Körper übergeht. Sie schnarrt fast nicht.

Als Bünde sind 55090er von Jescar verbaut. Diese kannte ich vorher nicht und sie vermittelten mir auf der Stelle ein exzellentes Spielgefühl. Sie sind so glatt poliert, dass Bendings butterweich möglich sind.

Der Korpus ist einteilig aus Sumpfesche gefertigt mit einem einteiligen quartersawn Hals aus Ahorn, dessen Profil wahrscheinlich das beste ist, was ich bislang in Händen hatte. Die Mechaniken sowie die Brücke sind von Gotoh und funktionieren in Verbindung mit dem Knochensattel absolut verstimmungsfrei. Genial. Darüberhinaus liefern auch die verbauten Flat 50 Pickups von Bare Knuckle eine astreine Telesymphonie höchster Qualität. Ich habe es hier also mit einem Instrument oberster Klasse zu tun, das ich für weniger als die Hälfte des Preises einer Fender Customshop Telecaster erwerben kann. Chapeau, Erik van de Haar!